Samstag, 1. März 2014

Toto - St. George and the Dragon


Ich musste in meinem Gedächtnis herum kramen, um Mythologie in der Rockmusik zu entdecken. Das erste Beispiel, die Gruppe Eloy aus Hannover, dürfte kaum jemand kennen. „Poseidon’s Creation“, das 1975 entstand, ging mit dem Gott des Meeres in die griechische Mythologie zurück. Bekannter dürfte Chris de Burgh mit „Don’t pay the Ferryman“ sein, der sich genauso an die griechische Mythologie anlehnte. Diesmal war es der Fährmann, der bezahlt werden musste, um den Fluss Styx in der Unterwelt zu überqueren. Mit Toto reisen wir nun ins Mittelalter.

St. Georg, Köln, Innenraum
1978 entstand das Stück, in dem Toto den Drachenkampf des Heiligen Georg besingen. Sie vermischen diesen Kampf mit der griechischen Mythologie, indem sie die „Hydra“, diese Schlange, der die Köpfe nachwachsen, wenn man einen abschlägt, ins Spiel bringen und dann noch den Satan hinzufügen. Das sind jede Menge Mythen auf einmal. Sie singen:

Can you tell me where I might find the Hydra? 
Is he wearing a familiar face? 
Does he still live below Seventh Avenue 
In the slums of Satan's grace? 

I can tell by the look in your eye 
You've never seen the man with nothing to say 
I can tell by the look in your eye 
You'd better watch yourself, St. George is on his way”

Als sich die Legenden um den Heiligen Georg bildeten, war es nicht alleine der Drachenkampf. Wie sonst im Mittelalter, dachten die Menschen in Zeichen und Symbolen. Die Legenden wurden so gedeutet, dass ein Drache das Böse verkörperte. Ein Kampf gegen den Drachen war gleichzeitig ein Kampf gegen das Böse in sich selbst („Satan“ bei Toto). Die Hydra als Schlange mit den nachwachsenden Köpfen kann genauso als Sinnbild des Bösen verstanden werden.

Die Georgslegende entstand im Mittelalter, als Heilige als Schutzpatrone in entscheidenden Schlachten zu Hilfe gerufen wurden. Bei den Schlachten gegen die Mauren auf der iberischen Halbinsel war es der Heilige Jakobus, bei der Schlacht auf dem Lechfeld gegen die Ungarn war es der Heilige Michael, bei den Kreuzzügen im 11. Jahrhundert war es der Heilige Georg. Zum Heiligen wurde Georg bereits 8 Jahrhunderte früher, als er als Christ unter Kaiser Diokletian verfolgt und getötet wurde.

Georgskreuz
So entwickelte sich die Georgslegende ab dem 12. Jahrhundert. Der Heilige George war Beschützer der Kreuzzugsritten, und wenn die Ritter zurückkehrten, rankten sich Mythen und Legenden. Die Ritter kämpften gegen Löwen, sie befreiten Prinzessinnen und sie kämpften gegen Drachen. Ab dem 13. Jahrhundert – so im Schloss Neuhaus oder der Burg Karlstein in Böhmen oder der Nicolaikirche in Stockholm – verdichteten sich die Darstellungen, so dass der Heilige Georg nur noch als Drachentöter auftrat.

Die Suche nach dem Drachentöter war nicht einfach. Nicht unweit vom Einkaufstrubel der Hohen Straße und der Nord-Süd-Fahrt in Köln, kam ich zufällig kam ich an der Romanischen Kirche St. Georg vorbei. Dort musste doch der Drachenkampf zu finden sein ! Also hinein. Durch die Vorhalle aus der Renaissance, trat ich in den Innenraum der Kirche. Die Kirche machte es mir schwer, den Heiligen Georg zu entdecken, denn St. Georg war durch einen Bombenangriff am 2. März 1945 fast vollständig zerstört worden. Nur die Krypta blieb unzerstört, wohin glücklicherweise einige Kunstgegenstände gerettet werden konnten.

Aus den Ruinen hat man die Säulenbasilika aus dem 11. Jahrhundert wieder aufgebaut. Die Epoche passt, denn das war das Zeitalter der Kreuzzüge. Genau 1067 wurde die Kirche dem Heiligen Georg geweiht. Ich war beeindruckt von den tragenden Säulen, wie hoch der Kirchenraum trotz des romanischen Baustils war, wie großzügig das Langhaus war, obschon die Kirche von außen so klein aussah.

Triyptychon
Das Georgs-Kreuz über dem Altar. Es ist eine Kopie des Originals aus dem Jahr 1067, das als Torso erhalten ist und sich im Museum Schnütgen befindet. Der herabhängende Körper am Kreuz beeindruckt, aber kein Drachenkampf. Dann begegnete mir der Heilige Georg auf dem Triptychon in der Seitennische. 1558 von Barthel Bruyn gemalt, schreitet auf der rechten Seite des Triptychons der Heilige Georg voran. In Rüstung und zum Kampf bereit, hat er sein Schwert gezogen. Immer noch kein Drachenkampf. Ich musste mich in moderne Formen hineindenken, geschuldet den Kriegszerstörungen. 

Der Drachenkampf findet sich in einem der Kirchenfenster, die in der Nachkriegszeit neu gestaltet wurden. Ich musste genau hinsehen, wie sich in der unteren Hälfte  ein Drache nach oben reckte. Den Mund mit seinen spitzen Zähne geöffnet, stand der dem Heiligen Georg gegenüber.

Vorsichtig, in angemessener Entfernung, wartet der Heilige Georg ab.

„Does he know that I'm a soldier of fortune
And not a victim of circumstance?
We drew lots for his soft underbelly
Now his fate is sealed with my lance …“

so singen Toto. Das habe ich auf dem Triptychon gelernt, dass der Heilige Georg in seinem Herzen ein Krieger war.

Kirchenfenster mit dem Drachenkampf

5 Kommentare:

  1. Danke dir erst einmal dass du mich mit dem Song wieder in Erinnerungen gerufen hast ;-) Was lief Toto doch rauf und runter :-))

    Interessanter Post, da bist du ja wirklich den Spuren so richtig nachgegangen. Finde ich klasse. Wieder einiges dazugelernt.

    Liebe Sonntagsgrüsse

    Nova

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  2. Lieber Dieter,
    da hast du wieder ganz toll für uns recherchiert.
    Ich kannte die Legende, aber es ist immer wieder
    gut, wenn man das Wissen aufpoliert.
    Chris de Burgh mag ich sehr gern. Allerdings war
    mir der Song nicht bekannt.
    Einen schönen Sonntag wünscht Dir
    irmi

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  3. Hallo Dieter,
    die moderne Formensprache macht es mir schwer, denn ich brauche erst einmal Zeit, darin das Geschehnis zu erkennen. Vielleicht ist es leichter, wenn man dem Original gegenübersteht. Bei meinem nächsten Stockholmbesuch steht nun die Nicolaikirche mit auf dem Plan. Ich finde solche Zusammenhänge nachgehenswert!

    Gruß
    Beate

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  4. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  5. Und wieder ein sehr interessanter Bericht. Eloy kenne ich ( versuche gerade krampfhaft mich an einen bestimmten Titel zu erinnern, gelingt mir aber nicht auf die Schnelle ), ebenso natürlich Toto. Allerdings zählt dein ausgewähltes Stück nicht unbedingt zu meinen Lieblingssongs von Toto. Lach, Rosanna hätte ja auch nicht zu deiner ausgewählten Thematik gepasst.
    Gruß vonner Grete

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