Montag, 29. April 2013

jenseits des Niedriglohnsektors

Es geht auch anders. Picot, Reichmann und Wigand beschreiben in ihrem Buch „Die grenzenlose Unternehmung“ (2005) eine virtualisierte Arbeitswelt über mehrere Prdouktionsstufen hinweg, in der die Arbeit eine neue Wertorientierung erhält. Arbeit geschieht im Spannungsfeld zwischen Produktionsstufen, der IT- und Kommunikationstechologie und dem Kunden. Der Arbeiter zeichnet sich durch Spezialwissen aus, er hat den Überblick über den Gesamtprozess und er versteht es, seine Kunden optimal zufrieden zu stellen.

Solch eine Tätigkeit, die Kundenzufriedenheit zu verbessern, weil er hinschaut, weil er seine Kunden kennt, weil er die Schwachstellen bei der Produktion oder Dienstleistungserstellung kennt, diese Tätigkeit liegt außerhalb des Niedriglohnsektors.

Friseure, Verkäuferinnen, Kassiererinnen, Reinigungskräfte, Altenpfleger, Taxifahrer, Lagerarbeiter, Postzusteller – diese Tätigkeiten fallen außerhalb dieses Rasters einer grenzenlosen Unternehmung, weil die Kunde-Kunde-Beziehung stark eingegrenzt ist. 

Die grenzenlose Unternehmung ist weiter gefaßt: die Tätigkeiten sind nicht zwingend standortbezogen, weil sie am Kunden ausgerichtet sind; die Grenzen des Unternehmens werden „gesprengt“, weil Tätigkeiten in einem virtuellen Raum zusammengelegt werden; Wissen wird miteinander vernetzt, um damit einen Mehrwert für den Kunden zuschaffen. Das ist eine durchaus reale Arbeitswelt, die sich beispielsweise auch in Bezahlungssysteme überführen lässt. Wenn die Kundenzufriedenheit hoch ist, dann ist die Bezahlung besser – und umgekehrt.

Viele Unternehmen schaffen es allerdings, sich diesem Prinzip der Wertschätzung gegenüber seinen eigenen Mitarbeitern zu entziehen. Das Beispiel der Alten- und Pflegebranche, das ich zuletzt thematisiert habe, zeigt, dass dort der Mitarbeiter zu einem reinen Faktor der Kosteneinsparung degradiert wird.

Dass die menschliche Ressource nicht allzu viel Wert ist, dazu gibt es in unserem Freundeskreis weitere Beispiele.
-          das Prinzip des Downsizing, dass Personal abgezogen wird, obschon die Arbeitsmenge gleich bleibt, ist durchaus beliebt; dies führt zu Überstunden, welche dem Unternehmen im Endeffekt nichts bringen –es sei denn, die Firma weigert sich, diese zu bezahlen
-          Outsourcing ist genauso ein beliebtes Mittel, niedrigere Löhne zu bezahlen; so sollte beispielweise eine Freundin in der Kantine im Krankenhaus in Wesseling outgesourced werden mit Lohneinbußen von ca. 20%; daraufhin suchte sie sich in einem anderen Krankenhaus eine gleich bezahlte Arbeitsstelle in der Kantine
-          Manche Mitarbeiter finden sich auf einem Arbeitsplatz, der als EDK = Ende der Karriere bezeichnet wird; Perspektiven gibt es dort nicht; man hat lediglich die Aussicht, auf einem schlecht bezahlten Arbeitsplatz ohne Zukunftsaussichten bis zum Ende seiner Karriere auszuharren

Schon der französische Philosoph Pascal hatte gesagt, dass unsere Natur in der Bewegung ist und dass völlige Ruhe der Tod ist. Ein anderer französischer Philosoph Diderot hatte gesagt, dass Routine gefährlich ist, weil sie in Monotonie umschlagen kann und zur Sinnvergessenheit führen kann. Routinehandeln tendiert dazu, in Selbstlauf überzugehen und den gestaltenden, fragenden, sinnbestimmten Menschen zu einer Restgröße zu degradieren.

Genau den Ausweg daraus sucht „Die grenzenlose Unternehmung“. Dieser Ausweg führt genau über die menschliche Ressource Wissen. Humankapital – so bezeichnet die Personalwirtschaft diese menschliche Ressource. Der Mensch an für sich stellt mit seinem Wissen bereits Kapital dar. Der Mitarbeiter kennt seine Kunden. Er kennt die internen Abläufe. Er trägt dazu bei, diese Abläufe zu verbessern. Er versucht, bestmöglich seine Kunden zufrieden zu stellen - und reißt sich sozusagen "ein Bein" für seine Kunden aus.

Menschen bilden bedeutet nicht, ein Gefäß zu füllen, sondern ein Feuer zu entfachen, so hatte Aristophanes um 450 v. Chr. Gesagt. Solch ein  Feuer lässt sich sicher nicht entfachen, wenn die Menschen ungefähr am Existenzminimum herum krebsen und nicht wissen, wie sie die Tage bis zum nächsten Gehalt überleben sollen. Geschweige denn, dass sie wissen, wie sie in städtischen Ballungsräumen Wohnraum bezahlen können oder sich einen Urlaub leisten können. Beim Dumping-Löhnen zerfleischen sich die Mitarbeiter sicherlich nicht für ihre Firma.

Ich kenne durchaus Bereiche – so in meiner eigenen Firma – in denen Prinzipien der Wertschätzung gegenüber den eigenen Mitarbeitern gelebt werden. Ein Stück grenzenloser Unternehmung finde ich dort wieder. So wie der deutsche Philosoph Fichte es beschrieben hat „angstlos, mit Lust und mit Freudigkeit arbeiten, und Zeit übrig behalten, seinen Geist und sein Auge zum Himmel erheben zu dessen Anblick er gebildet ist.“

Der Niedriglohnsektor wächst und wächst, gepushed von Leih- und Zeitarbeitsfirmen, die Massen an Intelligenz reinstecken, um Schlupflöcher für noch niedrigere Löhne zu finden.

Jenseits und diesseits des Niedriglohnsektors, das ist ein ständiges Ausbalancieren zwischen Staat und Marktwirtschaft.

Sonntag, 28. April 2013

E-Tankstellen

Zuletzt entsetzte mich die Schlagzeile in den Nachrichten, dass in rund sieben Jahren Öl und Gas zur Neige gehen werden. Danach würden Öl- und Gaspreise dramatisch steigen. Dabei wurde das Szenario angenommen, dass das Fracking wegen der Gefahren für das Grundwasser nicht umsetzbar ist - was mir nicht unrealistisch erscheint. Elektroautos sind bei steigenden Ölpreisen durchaus eine Alternative. Mit der Stromproduktion in unserem Land werden wir unabhängig von der Ölförderung in anderen Ländern. Da könnte sogar der gute alte Steinkohlebergbau wieder belebt werden. Noch sind Elektroautos zu teuer und die Batterietechnik ist noch nicht ausgereift. Sofern die Ölpreis kräftig steigt und Elektroautos in die Massenproduktion gehen, könnte sich dies ändern.




Ich war erstaunt, dass die RWE Autostrom ein flächendeckendes Netz für E-Tankstellen anbietet.





Da die Stadtwerke eigenen Strom produzieren, laufen Untersuchungen, wegen der niedrigeren Gestehungskosten Busse auf Elektroantrieb umzurüsten.






Bei meiner eigenen Firma gibt es ebenso ein Projekt, Elektrofahrzeuge in unsere Fahrzeugflotte aufzunehmen.

Freitag, 26. April 2013

Cantz schön clever


Die Begrüßung von Hugo Egon Balder war aus dem Lautsprecher verklungen. Zehn Jahre kannten sie sich über das Comedy-Quiz „Genial daneben“. Direkt alberte er herum: Balder, bald, der Name passe nicht, von Balder sei bald im Fernsehen nichts mehr zu sehen, er, Guido Cantz, er sei bald und balder und lege sofort auf der Bühne los.

Er hatte sofort die Lacher auf seiner Seite. Es war ja auch ein Heimspiel für ihn. Der Eltzhof in Porz-Wahn, ein altes Gehöft, zu einer Veranstaltungshalle umgebaut, ein langgestreckter Raum, offenes Gebälk zur Dachspitze, in diesen Räumlichkeiten war Guido Cantz’ Bühne. Dem Kölner Karneval entsprungen, ist er nicht eindeutig wie die anderen Rheinländer Dieter Nuhr, Wlfried Schmickler oder Jürgen Becker in die Kategorie des Kabaretts einzuordnen. Seine Show begann er mit der Frage:
„Wo kommt ihr her ?“
„Aus Junkersdorf“ antwortete jemand in der ersten Reihe.
„Das ist ganz weit weg. Am Ende der Welt, aber noch in den Stadtgrenzen von Köln.“
Später, nach der Pause, lästerte er: „Junkersdorf, das ist in die Länge gezogen wie ein Schlauch. Einmal rein und dann wieder raus.“

Guido Cantz ist mit Köln bodenständig verbunden. Er machte kein Geheimnis daraus, dass er in Köln-Porz-Lind kurz vor dem Ortsausgangsschild nach Spich – das zu Troisdorf gehört – wohnt. Mit Junkersdorf polarisierte er die Gegensätze – die äußerste Westecke gegen seine Heimat in der äußersten Südostecke von Köln. Ob Wahn, Libur, Langel oder Gremberghoven, so manche Stadtteile von Köln-Porz baute er in seine Comedy-Show ein. Genauso tauchte das Maximlian-Kolbe-Gymnasium mehrfach auf. 1989 hatte er dort Abitur gemacht. Zu seinem Heimspiel hatte er jede Menge alte Schulfreunde und andere Weggefährten eingeladen. Alte Lehrer sparte er bei seinen Witzen nicht aus und seine alten Schulfreunde applaudierten wohlwollend.

Anders als bei Dieter Nuhr, Wilfried Schmickler oder Jürgen Becker, nahm der Humor bei Guido Cantz mehr die Form eines rheinischen Witzes an. Mit seiner Gestik, seinem aufschraubten Lächeln, mit seinem manchmal sezierenden Blick, war seine Erscheinung bereits komisch. Charmant, stets nett, konnte er auch bissige Pointen formulieren. Die Pointen ergaben sich bisweilen nach langen Spannungsbögen, um sich danach in einem Knalleffekt des Lachens zu entladen. Seine Witze waren oft so gestrickt wie im Karneval: aus Situationen des Alltags, einfach, deftig, ohne großartig Nachdenken zu müssen, deutlich und effektiv. Er hatte es geschafft, bodenständig zu bleiben, obschon er immerhin ein abgeschlossenes Studium der Betriebwirtschaftslehre vorweisen konnte.

Seine Show war nicht wie eine Büttenrede konzipiert. Den roten Faden hatte er in seinem Buch „Cantz schön clever“ beschrieben - Untertitel: mit Klugscheißergarantie. Wissensdurst hatte ihn umgetrieben. Die Wundermaschine Google hatte für den Durchblick gesorgt. Daran sollte das Publikum teilhaben. Mit einem Ratespiel, das bis zum Schluss nicht gelöst werden konnte, begann er seine Show: wie man mit einer Banane eine Bierflasche öffnet.

Schnell vertiefte er sich in das massive Problem, welches er mit Abkürzungen hatte. ASAP tauchte in einer Mail auf. Guido Cantz kannte dieses Kürzel für „as soon  as possible“ nicht. Dies testete er sogleich beim nächsten Pizza-Service. Seiner nächsten Pizza-Bestellung über das Internet fügte er „ASAP“ hinzu. Als der Pizza-Bote ihm die Pizza ins Haus lieferte, befanden sich Berge von Sardellen und Pepperoni auf der Pizza. „Anche sardelle anche pepperoni“ bedeutete diese Abkürzung für Italiener. Seine Mutter missverstand Abkürzungen, als ihr Sohn das Sprechen lernte. Als Guido elf Monate alt war, rannte sie durch die Nachbarschaft und teilte allen mit, dass Guidos erstes Wort „Auswärtiges Amt“ gewesen wäre. Die Nachbarn waren bei solch einem komplizierten Wort verwundert. Tatsächlich hatte Guido „AA“ gesagt, und Guidos Mutter hatte aus diesem Kürzel „Auswärtiges Amt“ interpretiert. Sie hätte genauso interpretieren können „Assistenzarzt“, „American Airlines“ oder „anonyme Alkoholiker“. Natürlich konnte sich Guido an all die Ereignisse im Alter von elf Monaten nicht mehr erinnern.

Plötzlich hielt er eine Bibel in der Hand. Messdiener sei er gewesen. Nicht nur beim Messdienen, sondern auch aus der Bibel habe er Nützliches und Kurioses gelernt. Zum Beispiel das Hohelied aus dem Alten Testament. Ein Zuschauer durfte auf die Bühne kommen und einige Passagen – mit erotischem Zungenschlag – vorlesen:

Deine Zähne gleichen der Herde von frisch geschorenen Schafen
Deine zwei Brüste sind wie die Zwillinge einer Gazelle
Der Duft deiner Kleider gleicht dem Dufte des Libanon …

Das war ganz weit ausgeholt. Danach holte alle wieder der Abkürzungswahn ein, der auch vor der Bibel nicht halt machte. Sein Nachbar war Sachse aus Leipzig. Ich krümmte mich vor Lachen, wie Guido Cantz sein Sächsich nachmachte. Er war entsetzt wegen der Graffitis der Heiligen Drei Könige. Die Buchstaben C+M+B hatten die verkleideten Könige über sein Haus geschmiert. Er konnte den Leipziger beruhigen. Nebenher erklärte er, was niemand wusste, dass C+M+B nicht für die Heiligen Drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar steht. Sondern dafür, dass das Haus gesegnet wird – christus mansionem benedicat auf Lateinisch.

Grönemeyer mit „Flugzeuge im Bauch“ ahmte er nach. Nach den Tagesthemen präsentierte er eine Sondersendung aus dem Bahnhof von Hannover, weil ein ICE entgegen dem Qualitätsmanagement bei der Deutschen Bahn pünktlich eingetroffen war. Gans, Lanz, Conte – er macht sich darüber lustig, welche falschen Nachnamen in seiner Schulzeit kursierten.

Im Flug waren die drei Stunden seiner Comedy-Show vorbei. Den freundlichen Nachbarn, der auf Augenhöhe mit dem Publikum steht, hatte er mit rheinischem Witz exzellent gespielt. Guido Cantz glänzt nicht nur  bei „Verstehen Sie Spaß“. Gerne besuchen wir seine Comedy-Shows wieder.

Dienstag, 23. April 2013

städtische Seniorenzentren - Spielwiese für Dumping-Löhne ?


Ein Plakat der Linken Partei hatte mich in der Fußgängerzone aufmerksam gemacht. „Seniorenzentren: Leiharbeit als Normalzustand und zukünftig Billigarbeitskräfte aus Spanien“ – so lautete die Überschrift, die geradewegs in die Welt der Ausbeutung führte.

Ob Kellner, Lagerarbeiter, Friseur, Verkäuferin, Taxifahrer, Kindergärtner, Krankenschwester oder Altenpfleger: ich bin mir dessen bewusst, dass der Niedriglohnsektor politisch gewollt ist und dass er mit einer gesunkenen Arbeitslosigkeit allgemein befürwortet wird. Das Armutsniveau der Arbeitslosigkeit wird nun gegen das Armutsniveau bei Beschäftigung eingetauscht.

Doch kaum in einer anderen Branche wie bei den Pflegeberufen wird man ein solch zersplittertes Bild des Lohnniveaus finden. Friseure oder Taxifahrer werden je nach Betrieb und je nach Standort ungefähr gleich bezahlt – wenn man vom Ost-West-Gefälle absieht.

Bei Alten- und Pflegeheimen ist das anders. Im Idealfall wird nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes bezahlt. Die Gehaltstabelle beginnt bei einem examinierten AltenpflegerIn bei 2.300 €. Das kann man als angemessen betrachten. Wie anderswo wird nach Schlupflöchern gesucht, nicht nach den Tarifen des öffentlichen Dienstes zu bezahlen. Und davon gibt es reichlich.

Als dickstes Schlupfloch entpuppen sich die Kirchen. Um die hohen Personalkosten zu umgehen, geben Städte und Kommunen die Trägerschaft gerne an die Kirche ab. Die Kirche, das sind organisatorische Gebilde wie die Caritas, das Malteser-Hilfswerk oder die Diakonie. Die Kirchen haben ihre eigenen Tarifverträge, die nichts mit dem öffentlichen Dienst zu tun haben. Dabei berufen sich die Kirchen auf das christliche Prinzip der Nächstenliebe, welches entsprechende Gehaltsabschläge willentlich in Kauf nimmt. *

Die kirchlichen Träger bewegen sich ungefähr auf der Höhe des Mindestlohns, den der Gesetzgeber auf 8,75 € pro Stunde festgelegt hat (siehe hierzu auch Stellenausschreibung von Altenpflegern der Diakonie Essen bei der Arbeitsagentur). LeiharbeiterInnen aus der Ukraine, aus Litauen oder aus Asien (z.B. Phlippinen) können dieses Niveau noch unterbieten, also vier oder fünf Euro unterhalb des Mindestlohnes.

Selbst dieses Niveau kann unterboten werden – von Ein-Euro-Jobs. Diese sind zwar strengen Regularien unterworfen, aber im Pflegebereich herrscht Pflegenotstand. Für öffentliche Tätigkeiten, die dem Gemeinwohl dienen, können Hartz IV-Empfänger heran gezogen werden, die mit 1 € pro Stunde bezahlt werden Der Beruf des Altenpflegers befindet sich also in einem Spannungsfeld der Bezahlung: von 1 € (schlechteste Bezahlung) bis 2.300 € (beste Bezahlung nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes).

Wohl kaum irgendwo bei den Billiglöhnen gibt es eine solche Diskrepanz, welchen Stellenwert diese Tätigkeit hat und wie die Tätigkeit bezahlt wird. Altenpflege – das ist mentale Belastung ohne Grenzen bei gleichzeitiger Betreuung von 7-10 älteren Personen. Waschen, Anziehen, Unterstützung bei der Alltagsbewältigung, Begleitung bei täglichen Beschäftigungen, Arzttermine, die Altenpfleger müssen individuell auf die Bedürfnisse der alten Menschen eingehen – für mich persönlich ist es unvorstellbar, was Pflegekräfte tagtäglich leisten.

Bei solch einer Diskrepanz finden sich nur noch wenige, die einen solchen Job machen wollen. Man müht sich verzweifelt, den Pflegenotstand zu beheben. Es sollen mehr junge Menschen ausgebildet werden, aus noch ferneren Ländern der Erde sollen die Leiharbeiter kommen.

An die Wurzel des Übels, die Gehaltsstrukturen zu verbessern, will niemand ran. Im Saarland und im Raum Trier ist der Pflegenotstand soweit gekommen, dass eine Vielzahl von Altenpflegern zu besser bezahlten Arbeitsplätzen nach Luxemburg abgewandert ist. Die Ausbeutung in Deutschland ist an ihre Grenzen gestoßen. Diese Altenpfleger haben endlich wirkungsvoll dagegen protestiert, dass ihre Arbeitsleistung in einem Manchester-Kapitalismus zur völligen Wertlosigkeit degradiert wird.

Im Umfeld eines allgemeinen Lohn-Dumpings hatte das Plakat der linken Partei, auf den Pflegenotstand aufmerksam zu machen, seine Berechtigung. Leiharbeiter aus Spanien sind zur Dauererscheinung geworden. Oder Leiharbeiter aus der Ukraine, Litauen oder den Philippinien.

Marktpreise sind zu einem Wettbewerb der Armutssysteme verkommen. Der ungehemmte Kapitalismus hat Eingang in Alten- und Pflegeheime gefunden. Typisch ist, dass sich Kirche und Staat die Verantwortung für den Pflegenotstand hin- und herschieben. Niemand will Verantwortung dafür übernehmen, dass die Angehörigen optimal betreut werden und die Altenpfleger angemessen entlohnt werden.

Das Plakat der Linken hatte mitten in einen Wesenskern gezielt. Es ist diskutiert worden, die städtischen Seniorenzentren an einen anderen Träger auszugliedern. Die Entscheidung ist gegen eine Ausgliederung gefallen. Ab 2014 sollen die drei Seniorenzentren aber für 25 Millionen Euro saniert werden. Spätestens dann, wenn diese Umbaukosten auf die Bewohner umgelegt werden sollen, gehe ich davon aus, dass das Thema Ausgliederung wieder auf der Agenda stehen wird. Dann wird zu entscheiden sein: zahlen die Bewohner rund 500 € mehr an Heimkosten oder werden über eine Ausgliederung Dumping-Löhne realisiert, um diese Mehrkosten wieder aufzufangen.


* siehe hierzu auch WDR-Reportage von Eva Müller „Gott hat hohe Nebenkosten“

Montag, 22. April 2013

Heiliger Laurentius


Fernsehkrimis gehören zu unserem Standard-Repertoire der Unterhaltung. Doch gestern Abend stockte uns der Atem. Die Effekthascherei, um den Zuschauer bei der Stange zu halten, wurde mir zu brutal. In dem Film „Spuren des Bösen“ auf ZDF Neo hatte ein junger Mann, Mitte 20, Spielschulden angesammelt. Zwei andere Jungs packten ihn mit dem Griff eines Bulldoggen in eine amerikanische Limousine der 50er Jahre. Da der Junge Mann nicht zahlte, verlieh der Bandenchef seinen Geldforderungen Nachdruck und schnitt ihm mit einer Teleskopschere den kleinen Finger ab. Danach erhöhte er seine Forderung auf 20.000 €, verlangte je Woche eine Rückzahlung von 1.000 € und warf ihn halb verblutet auf die Straße.

Solch einen Ausbruch von Brutalität hätten wir auch in unserem Nachbarort haben können. Viel schlimmer: der junge Mann aus dem Film „Spuren des Bösen“ verblutete nicht und blieb am Leben. In unserem Nachbarort findet sich hingegen ein Zeitgenosse des römischen Reiches, der regelrecht gegrillt worden ist. Römische Soldaten haben ihn auf einen Rost gebunden, Feuer angezündet und solange auf dem Feuer hin- und hergewendet, bis er starb. Soviel Brutalität kann glatt mit jedem Fernsehkrimi konkurrieren. Das geschah in Rom im Jahr 258. Die dazugehörigen Spuren sind an der Kirche unseres Nachbarortes zu finden. Der Rost, den der Heilige Laurentius in seiner Hand hält, symbolisiert seine Verbrennung.

Es war um das Jahr 200, als das römische Reich an seinen Rändern zerfiel. Von Osten fielen die Hunnen ein, germanische Stämme überquerten den Rhein, die Wikinger eroberten die Nordseeküste. Über mehr als einhundert Jahre geduldet, betrachteten die römischen Kaiser das Christentum als neue Gefahr, da es die Machtstrukturen und die heidnischen Bräuche der Römer in Frage stellte. Schließlich setzte mit dem römischen Kaiser Valerian um 250 die Christenverfolgung ein. Diese endete erst im Jahr 313 mit dem Toleranzedikt von Kaiser Konstantin, der das Christentum als gleichberechtigte Religion anerkannte. Zeitweise kam es während der Christenverfolgung zu einem regelrechten Völkermord. Der Heilige Vitus, der Heilige Georg, der Heilige Sebastian oder der Heilige Quirinus sind andere bekannte Heilige aus dieser Epoche.

Der Heilige Laurentius wurde 226 in der spanischen Provinz Aragon geboren. Der spätere Papst Sixtus II nahm ihn sozusagen als rechte Hand mit nach Rom, als er in Spanien weilte. So wurde er Erzdiakon, als Sixtus II. 257 zum Papst ernannt wurde. Doch unmittelbar nach der Ernennung gab es einen Erlass des Kaisers Valerian, dass Gottesdienste der Christen verboten wurden. Alle christlichen Amtsträger sollten hingerichtet werden. Der Völkermord an die Christen konnte beginnen. Das Gemetzel wurde damit eingeleitet, dass der Papst Sixtus II. gefangen genommen wurde.

Bis der Heilige Laurentius gefangen genommen wurde, dauerte es noch ein Weilchen. Zuvor sollte er den Kirchenschatz an die Römer übergeben. Er zögerte und meinte, er bräuchte noch zwei bis drei Tage. Danach erschien er vor dem Kaiser mit einer zerlumpten Schar von Bettlern, Blinden, Lahmen und Krüppeln. Der Kaiser Valerian wunderte sich und fragte: “Wo sind die Schätze, die herbeizuschaffen Du versprochen hast ?“ Laurentius antwortete: „Siehe, dies hier sind die ewigen Schätze.“

Weil Valerian sich provoziert fühlte, sollte der Heilige Laurentius sterben. Zuerst wurde er gefoltert. Die Amputation des kleinen Fingers in dem Film „Spuren des Bösen“ war eine Kleinigkeit gegenüber dem, was der Heilige Laurentius durch machte. Erst wurde er ausgepeitscht. Für die letzte Folter wurde ein Bettgestell mit drei Latten herbei gebracht. Laurentius wurde entkleidet und auf das Eisengestell ausgestreckt. Man brachte Feuerschaufeln mit glühenden Kohlen herbei und schob sie unter das Eisengestell. Immer wieder wurden Kohlen ins Feuer gelegt. Sein Körper wurde mehrfach gedreht und über den glühenden Kohlen geröstet. Am 10. August 258 starb der Heilige Laurentius.

An Standhaftigkeit war er nicht zu überbieten. Anstatt Todesschreie von sich zu geben, rief er: „Dir sage ich Dank Jesus Christus, der Du mich gewürdigt hast, standhaft zu bleiben !“

Nach dem Toleranzedikt ließ Kaiser Konstantin um 400 auf dem Grab des Heiligen Laurentius eine Kirche errichten. In Rom ist der Heilige Laurentius der bedeutendste Heilige. Im Verlauf der Jahrhunderte wurden in Rom 30 weitere Kirchen gebaut, die dem Heiligen Laurentius geweiht wurden. In Deutschland wurde dem Heiligen Laurentius ebenso Kirchen geweiht, darunter im Jahr 795 eine erste Kirche in unserer Nachbargemeinde. Diese Kirche wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört und 1666/1667 neu gebaut.

Der Heilige Laurentius dürfte auch den Weinkennern ein Begriff sein. Die Rotwein-Rebe St. Laurent reift um den 10. August, dem Todesdatum des Heiligen Laurentius. Der Rotwein ist süffig und trocken. Ein leckeres Tröpfchen.


Donnerstag, 18. April 2013

Gutschein zum 50. Geburtstag

Gutschein (Endversion mit Textfeld)
Ich hatte mir es so einfach vorgestellt. Es sollte ein Gutschein für unsere beste Freundin werden. Zu ihrem 50. Geburtstag. Lokalhistorisch engagierte sie sich; sie bot Stadtführungen in ihrer Heimatstadt an. Daher hatten wir uns mit mehreren Freunden zusammengetan. Eine individuelle Führung – ohne andere Besucher – durch das unterirdische Köln wollten wir schenken.

Collagen in dem Bildbearbeitungsprogramm Picasa konnte meine Göttergattin mittlerweile im Schlaf zusammenstellen. Einige Male ordentlich im Internet gegoogelt – und im Handumdrehen war ein erster Entwurf des Gutscheins fertig. Genauso im Handumdrehen sollte es weiter gehen. Die Bilder auf dem Gutschein anders sortieren, Textfelder mit den Gratulanten einfügen, so sollte die Endversion des Gutscheins aussehen.

In Picasa legte ich los. Indem ich die Collage editierte, schob ich die Bilder hin und her. Dann Textfeld einfügen. Durch eine unsichtbare Hand erschien mittlerweile in Picasa alles in Englisch. „Picture borders“, „background options“, „draw shadows“, „Show capture“, ich wurstelte mich durch die englische Sprache. Ich probierte diese Menüs durch, ich fand aber kein Textfeld. Genauso erfolglos war ich, als meine Maus die gesamte obere Menüleiste durch forschte und in ihre Bestandteile zerlegte – wobei mich die englische Begriffswelt dauerhaft irriterte. Kein Textfeld ließ sich zum Leben erwecken. Ein letzter Aufschrei der Verzweiflung war, aus dem Textverarbeitungsprogramm Word ein Textfeld zu kopieren. Auch dieser Versuch misslang.

Was tun ?  Weil sich in Word unkompliziert Textfelder erzeugen lassen, kam meine Göttergattin auf die glorreiche Idee, all die Bilder nach Word zu kopieren. Als erstes den Hintergrund des Gutscheins, dann die Textfelder. Doch Bilder auf den Hintergrund des Gutscheins zu kopieren scheiterte, da die Bilder auf die Folgeseite rutschten und nicht auf den Gutschein. Es war zum Verrücktwerden. In dem Bildbearbeitungsprogramm Picasa konnte ich kein Textfeld erzeugen, während in dem Textverarbeitungsprogramm Word die Anordnung der Bilder spinnte.

Akte der Verzweiflung folgten. Ich durchsuchte all diese englisch-sprachigen Gebilde in Picasa wie bei einer Polizei-Razzia. Wild schob ich die Maus hin und her, klickte hier, klickte da. Ich berauschte mich an wunderbaren Variationen der Bildbearbeitung. Ein Textfeld ? Fehlanzeige. In Word beschwor ich Geister. Ich packte schwarze Magie aus. Ich redete auf das sich verschiebende Bild ein, das es bitte dort auf dem Gutschein landen sollte, wo es hin gehörte. Doch meine Zauberformeln taugten nichts. Halsstarrig weigerte sich Word, das zu tun, was ich wollte.

Gutschein (ohne Textfeld)

Ich fluchte vor mich hin:
„Ich krieg nen Affen …
… das kann doch nicht sein, dass das Programm so dumm ist …
… am liebsten würde ich das Laptop an die Wand schmeißen …“
Dem Wahnsinn nahe, hätte man  mich in diesem Moment glatt in ein Irrenhaus einliefern können.

Meine Göttergattin entgegnete:
„Stell Dich doch nicht so an. So wütend, wie Du da ran gehst, kann es nicht klappen.“

Darauf probierte meine Göttergattin es selber aus. Sie geriet in denselben Widersinn von Technik und Software. Die Feingestaltung des Gutscheins hatte sich zu einem Zeitfresser entwickelt, der fast zwei Stunden verschlungen hatte, ohne dass wir nennenswerte Fortschritte erzielt hatten. Fragezeichen standen meiner Göttergattin ins Gesicht geschrieben. Sie klickte hier, klickte da. Auch bei ihr wanderte hilflos und unsystematisch die Maus über den Bildschirm.

Ich war längst geistig weggetreten. Ich hatte resigniert vor diesem grauen Kasten der Software, der bockig war und mich nicht leiden konnte. Ich hatte zu träumen begonnen – von der nächsten Radtour, von einem leckeren Eis oder endlich einmal ausschlafen zu können.

Als ich wieder auf den Bildschirm schaute, sah ich, wie meine Göttergattin ein Texfeld nicht nach Picasa, sondern in den Gutschein in Word gezaubert hatte. Anschließend packte sie die Bilder an und schob diese bereitwillig in dieses Textfeld auf den Gutschein. Das war der Durchbruch. Meine Göttergattin hatte diesen Gordischen Knoten zerschlagen, der undurchdringlichen Welt der Rechnersoftware diejenige Form zu verliehen, die wir uns gewünscht hatten. Endlich erhielt unser Gutschein den letzten Feinschliff.

Ich traute kaum meinen Augen. Die Geburtstagsfeier konnte beginnen. Wir waren gespannt, ob und wie sich das Geburtstagskind über den Gutschein freuen würde.



Montag, 15. April 2013

analoge und digitale Generation


Es ist vorbei. Vorläufig.

Keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr, sondern mit dem Fahrrad ins Büro. Nebeneffekt: all diese Internet-, Informations- und Kommunikations-Junkies, die in Bus oder Bahn unaufhörlich auf ihren Handys und Smartphones herum klimpern müssen, nerven mich nicht mehr. Ein Graben klafft zwischen den Generationen, dessen Grenze um die Mittdreißiger liegt. Unter 35: Handy, Smartphone & Co. Über 35: geradezu nostalgische Printmedien wie Zeitungen, Zeitschriften oder Bücher. Oder: digitale Generation versus analoge Generation.

Dieses nervöse Herumtipperei, diese Online-Sucht in eng gedrängten Straßenbahnen oder Bussen – ich kann es nicht mehr sehen. Allenthalben habe ich auf Displays gestarrt, SPIEGEL Online wurde herauf- und herunter gescrolled, mein Blick blieb an kleinen Icons von Facebook-Freunden hängen. Sowohl bei der Arbeit wie beim Bloggen habe ich lernen müssen, die Informationen auf ein handhabbares Maß zu reduzieren, um überhaupt zu einem Ergebnis zu kommen. Wahrscheinlich bin ich stock-konserativ, um Informationen wahrzunehmen und zu verarbeiten. Bei mir funktioniert dies nicht, wenn die Informationen im Schnelldurchlauf an mir vorbei huschen. Oder wenn Bildern in rascher Folge ein- und wieder ausgeblendet werden.

Bin ich ein Opfer unserer schnell-lebigen Zeit ? Bin ich als Leser mit einem Buch in der Hand ein Relikt aus einer Urzeit, das sich um Haaresbreite in unsere Gegenwart gerettet hat ? Dennoch kann ich mich dem nicht verwehren, dass ohne Internet nichts mehr geht. Viele Blogs wären ohne Internet undenkbar. Ich fühle mich aber wohler, wenn ich bei der Sammlung und Aufbereitung der Informationen etwas Handfestes zwischen den Fingern habe: Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Aufsätze, Bildbände, Lexika oder andere leichte und schwere Wälzer.

Diesen Generationen-Konflikt erlebe ich ja durchaus innerhalb unserer eigenen vier Wände. Bei unserem großen Mädchen ist es ein bisschen Facebook, viele Mails und ganz viel SMS. Soviel SMS, dass die Handy-Rechnung explodiert war und eine SMS-Flatrate her musste. SMS – als Anfänger hinke ich da um Längen hinter her. Wenn ich eine SMS schreibe, dauert dies bei meinem Krummen-Finger-System eine Ewigkeit. SMS ist sowieso nicht mein Ding, eher etwas für Notfälle, wenn der Gesprächspartner auf telefonischem Weg nicht erreichbar ist. Wenn die übliche Kommunikation über eine Lawine von SMS’n abgewickelt wird, würde ich schnell mit meinem Krummen-Finger-System krepieren. Irgendwann wäre ich nicht nur Finger-amputiert, sondern die Kommunikation mit unseren besten Freunden wäre zum Erliegen gekommen.

Unser Sohnemann geht in eine etwas andere Richtung. Vierundzwanzig Stunden rund um die Uhr am Netz als Zielvision – und wenn die Netzwerkverbindung getrennt wird, macht sich gleich ein unruhiges Gefühl breit.

Während meine analoge Generation eher desillusioniert drein schaut, herrscht in der digitalen Generation eine Aufbruchstimmung. Mit der neuen Generation von Handys, mit Smartphones, iPad’s , WLAN’s, Hotspots und diversen Apps sind technische Möglichkeiten geschaffen worden, noch mehr Informationen handhaben zu können. Überall auf der Welt vierundzwanzig Stunden am Netz zu sein, von dieser Vision ist die Technik nicht allzu weit entfernt. Die digitale Generation saugt ein Vielfaches an Informationen in sich hinein. Und das gleichzeitig mit anderen Tätigkeiten. Multi-Tasking: Autofahren und mobil telefonieren, kochen und SMS schreiben, mit Freunden reden und e-Mails checken. Die digitale Generation zappt hin und her, um den Horizont zu erweitern. Durch solche Parallel-Techniken steigert sich die Produktivität der Informationsverarbeitung.

Wenn ich blogge und meine Posts schreibe, kann ich in geringem Umfang diese Sucht nachvollziehen, etwas wichtiges zu verpassen, was in der Online-Welt passiert ist. Jedenfalls strengt mich dieses nervöse Gehabe in öffentlichen Verkehrsmitteln extrem an, wenn die digitale Generation an ihren Smartphones herum klimpert, weil in diesem wichtigen Moment eine noch wichtigere Nachricht eingehen könnte. Inzwischen habe ich auch beim Bloggen festgestellt, dass ich den Ausschalteknopf finden muss. Ich gehe davon aus, dass die digitale Generation längst zu einem Teil der Online-Welt geworden ist und nicht mehr den Weg aus der virtuellen Welt in die wahre Welt zurückfindet.

So wie ich Informationen verarbeite, ist Online nur die halbe Wahrheit. Ich brauche auf Papier Gedrucktes um mich herum. Ich muss in Bücherwelten eintauchen, Dinge miteinander vergleichen und relativieren. Mein Kopf muss arbeiten. Wenn nur Online Informationen in ihn hinein geschmissen werden, wird er alsbald verstopfen.

Ich weiß nicht, ob ich all diese Internet-, Informations- und Kommunikations-Junkies bedauern soll. Nach meinem Verständnis kann bei ihnen keine Qualität der Informationsverarbeitung entstehen.

Das ist nicht greifbar. So wie bei einem Flummi, der nur hin und her springt und den Strom seiner Bewegungen hinter sich auflöst.

Sonntag, 14. April 2013

Glockentürme (11) - Turm der alten Rüngsdorfer Kirche

Für Nova's Glockenturm-Projekt habe ich längere Zeit keine Beiträge mehr geschrieben. Daher habe ich in der letzten Woche die Kirche St. Andreas in Bonn-Rüngsdorf aufgesucht. Die Kirche wurde im 12. Jahrhundert im romanischen Stil gebaut und ist eine der ältesten Kirchen im Bonner Stadtgebiet. Das Langhaus wurde 1888 abgerissen, da die Kirche für die größere Zahl der Gläubigen zu klein geworden war. In rund einhundert Metern Entfernung wurde St. Andreas neu gebaut. Dabei wurde die Inneneinrichtung – die teilweise aus dem 15. Jahrhundert stammte – in den Neubau verlagert.


  
Der Kirchturm hat die Jahrhunderte überdauert und stammt original aus dem 12. Jahrhundert. Zwei Glocken stammen aus den Jahren 1746 und 1790. Die dritte Glocke wurde im zweiten Weltkrieg eingeschmolzen und 1980 neu gegossen.

Außergewöhnlich ist der offene Chor, in den man hineinschauen kann.


Neben der Kirche befindet sich ein Friedhof mit steinernen Grabkreuzen.


Manche Gräber stammen aus dem 17. Jahrhundert (1669 bzw. 1684).


Ein Insektenhotel rundet das Gesamtbild der Kirche ab.

Montag, 1. April 2013

Altar der Stadtpatrone Cassius, Florentius, Masullius und Helena

In das Innerste der Dinge hinein schauen. In einer Kirche erscheint mir dies einfach: die Kirche betreten, und prompt würde ich überschüttet mit jede Menge religiöser Kunst. Die Einrichtung der Münsterkirche entfaltet ihre Symbolik. Umhergehen und die Kirche von innen betrachten: Ruhe und Stille ist eingekehrt, ich bin zur Langsamkeit gezwungen, das schnelle Tempo unserer Zeit zerrinnt zwischen, Statuen, Ornamentik und hohen Säulen. Ich verweile am Altar der Stadtpatrone.


Die Übersichtlichkeit und das homogene Gesamtbild faszinieren mich.


Engel posieren oben auf dem Altar vor den rosettenartig strukturierten Fenstern.


Im Zentrum des Altargemäldes stehen die Heiligen Stadtpatrone Cassius, Florentius, Masullius und Helena. Nach einer Legende hatte der römische Kaiser Maximinian im 3. Jahrhundert Heere ins Rheinland geschickt, um Aufstände niederzuschlagen. Da die Aufständischen Christen waren, weigerten sich Cassius und Florentius die Befehle zu befolgen. Daraufhin wurden sie hingerichtet. Zu Ehren von Cassius und Florentius wurde 691 eine erste Kirche unter der heutigen Münsterkirche gebaut. Im 12. Jahrhundert wurden außerdem die Heilige Helena und Masullius als weitere Stadtpatrone verehrt.


Darunter kann man das frühneuzeitliche Bonn erkennen.


Auf dieser Inschrift kann man das Fertigstellungsdatum 1710 und den Spender nachlesen, der das Geld für den Bau des Altars bereitgestellt hat: Heinz Eberhard Contzen.


Über diesen Reliquienschrein habe ich nichts recherchieren können.


Abschließend betrachte ich nochmals das geschlossene Gesamtbild des Altars.