Mittwoch, 31. Oktober 2012

Glockentürme (5) - Glockenspiel in Bonn-Bad Godesberg


Dass Nova’s Glockenturmprojekt so viele Ideen erzeugen würde, hätte sie wahrscheinlich nie für möglich gehalten. Angelika, Nova und ich, wir haben mittlerweile mehrer Posts zu diesem Thema geschrieben.

Verknüpfend mit meinem heutigen Post, habe ich zurückgeblickt auf all die schönen Glockentürme. Begriffe und Strukturen habe ich entworfen, worüber diese Posts geschrieben worden sind. Diese führen dann mitten hinein in meinen heutigen Post.

Nova und Angelika zeigen Glockentürme, die gleichzeitig Kirchtürme sind, wobei in Nova’s Glockentürmen auf Teneriffa die Glocken von außen zu sehen sind. In Angelika’s Glockentürmen aus dem Rheinland (Ausnahme Glockenturm Nr. 3) sind die Glocken – wahrscheinlich - in einer eigenen Glockenstube innerhalb des Kirchturms untergebracht und von außen nicht zu sehen.

In meinem zweiten Post über Glockentürme hatte ich die Bedeutung von Glockenspielen erwähnt, die in Belgien und Nordfrankreich zu Rathäusern gehören. Eine Stadtglocke strukturierte die Zeit und gab das Signal zum Öffnen und Schließen der Stadttore, markierte Anfang und Ende der Arbeitszeit oder läutete zu Festivitäten. In diesen Glockentürmen in Belgien und Nordfrankreich befinden sich heute Carillons bzw. Glockenspiele. Auch in Deutschland sind vielerorts in Kirchen oder Rathäusern Glockenspiele zu hören.

Der Bau von Glockenspielen bzw. Carillons ist eine Handwerkskunst, die im 17. Jahrhundert in den Niederlanden entwickelt wurde. Der Glockenspieler bzw. Carilloneur war ein eigener Beruf, der erlernt werden musste. Um als Glockenspiel zu gelten, musste der Carilloneur über mindestens zwei Oktaven das Glockenspiel spielen können. Dazu benötigt das Glockenspiel mindestens 23 Glocken.

Anläßlich der Bundesgartenschau 1979 in Bonn hatten die Organisatoren die Idee, ein Glockenspiel nach der Tradition der Carillons nachbauen zu lassen. Der Bau geschah in den Niederlanden, da dort diese Tradition besonders verwurzelt ist. Dieses Glockenspiel hat genau 23 Glocken, um als Glockenspiel zu zählen. Gebaut wurde die Metallkonstruktion mit den herunterhängenden Glocken – ohne Glockenturm oder Glockenstube. Bei der Bundesgartenschau war das Glockenspiel eine der maßgeblichen Attraktionen und ein niederländischer Carilloneur spielte während der Öffnungszeiten.

Als die Bundesgartenschau beendet war, fand das Glockenspiel einen Platz im Stadtpark von Bad Godesberg. Die Bundesgartenschau liegt mittlerweile mehr als dreißig Jahre zurück. Danach ist auf dem Glockenspiel weder gespielt worden, noch überhaupt etwas gemacht worden. Es ist schlichtweg vergessen worden. Rost hat sich zwischen den Metallteilen gebildet. In der Glasabdeckung sind Öffnungen eingelassen, da Tasten, Klöppel und Züge die Zufuhr von Luft brauchen. Somit dringt Regenwasser ein. Wahrscheinlich ist das Glockenspiel erst nach einer gründlichen Sanierung wieder bespielbar.

Dafür fehlt in der Stadtkasse – natürlich – über Jahrzehnte hinweg das Geld. Die Stadt Bonn hat zwar Geld, beispielsweise Straßenbahnhaltestellen in einer architektonisch aufgehübschten Form neu zu bauen, obschon die alten Straßenbahnstellen ihrem Zweck vollkommen genügen. Das ist so wie in anderen Städten: so etwas wird de-priorisiert, es fehlt sogar dasGeld, um die scheußlichen Schmierereien am Betonsockel zu entfernen.

Im Zusammenhang mit einem Pavillon hatte ich in Nova’s Blog zuletzt gelesen, dass die spanische Mentalität, Bausubstanz zu erhalten, grundlegend anders ist als in Deutschland. Dies muss ich revidieren: Zerfall macht sich auch in Deutschland breit. Und dies an Stellen, wo es durchaus weh tut.

Samstag, 27. Oktober 2012

Grundschule


Dies ist nicht die Grundschule, die unser kleines Mädchen besucht, sondern diejenige in unserem Nachbarort. Der Schulweg ist ein Stück Vertrautheit. In der Grundschule werden Weichen für das restliche Leben gestellt. Die Klassenlehrerin ist Vertrauensperson und Kümmerer – jedenfalls in unserer Klasse. Man lernt in der Klassengemeinschaft. Es ist eine prägende Phase im Leben eines jeden Menschen. Da ich diese emotionale Ebene betrachte, habe ich zur Grundschule in unserem Ort eher positive Assoziationen. Vor mehreren Wochen war ich aber in der Grundschule unseres Nachbarortes. Die positiven Assoziationen waren mit einem Mal weggeblasen. Die Tristesse überwog. Mir wurde bewusst, wie platt und einfallslos Schularchitektur sein kann.



Die Türen haben nichts Einladendes, sondern sind nur Bestandteil eines funktionalen Gebildes.


Die Funktionalität wird kaum durchbrochen. Bei Schule und Funktionieren denke ich an Pink Floyd „Another Brick in the Wall“: we don’t need no education, we don’t need no thought control …




Dreh- und Angelpunkt ist der Schulhof. Was sollen diese breiten Straßenmarkierungen ? Die Schüler auf den rechten Weg führen ? Mich nerven sie jedenfalls als Betrachter.


Solche Fassaden findet man als Kopie wahrscheinlich an einer Unmasse anderer Grundschulen bzw. Schulen.


Diese Säulen sind ebenfalls einfallslos und langweilig.



Mülleimer und Fußmatten - wieder diese Reduzierung auf das Zweckmäßige, was notwendig ist.


Für ein wenig Auflockerung sorgt dieses Klassenfoto.


Diese Hinweistafel auf das Bildungspaket verbinde ich mit Bürokratie. Die Grundschule bewegt sich auf Augenhöhe mit der Bürokratie, mit deren Ineffizienz und deren verzweifelten Versuchen, die Bedürfnisse ihrer Bürger zu erreichen.

Unser kleines Mädchen ist genug damit beschäftigt, Rechenaufgaben zu lösen, Sätze zu schreiben und ihre Schulbücher zu lesen. Mit Freude ist sie beim Lernen dabei. Das finde ich das wichtigste. Unabhängig davon, wie die Schularchitektur aussieht.

Freitag, 19. Oktober 2012

Glockentürme (4) - St. Stephansmünster in Breisach am Rhein


Das Stephansmünster in Breisach (25 Kilometer westlich von Freiburg an der Grenze zu Frankreich) überragt die Stadt auf seinem Felsen und ist aus allen Richtungen in der Ferne zu sehen. Die Münsterkirche ist romanischen Ursprungs und ist im Chor gotisch umgebaut worden.




Ende 2010 wurde ein Glockenprojekt initiiert, dessen Ziel der Neubau eines Glockenturmes war. Die Glocken des Stephansmünsters sind mehrere Jahrhunderte alt und stammen aus den Jahren 1350, 1491, 1579, 1583 und 1662. Im Zuge des Glockenprojektes wurden drei neue Glocken gegossen. Ebenso wurde die Glocke aus dem Jahr 1579 instandgesetzt, die durch Kriegsschäden aus dem 2. Weltkrieg beschädigt war und im Stadtmuseum von Breisach aufbewahrt wurde. Die Gesamtkosten von 125.000 € wurden vollständig über Spenden finanziert. Die Weihe von zwei neuen Glocken wurde im Juni 2011 mit einem Stadtfest gefeiert. Für die insgesamt vier neuen Glocken wurde in dem kleineren Kirchturm ein Glockenturm neu gebaut. Die anderen Glocken finden sich in dem Glockenturm des größeren Kirchturms wieder. 

Im Inneren der Münsterkirche kann man die instandgesetzte Glocke aus dem Jahr 1579 bestaunen sowie die dritte neue Glocke, die noch nicht geweiht worden ist.



Sonntag, 7. Oktober 2012

Glockentürme (3) - Freilichtmuseum Windeck (Sieg)


Zu Nova's Projekt der Glockentürme möchte ich einen weiteren Beitrag beisteuern.

Dieser Glockenturm der Marienkapelle (18. Jh) aus Altwindeck steht im Freilichtmuseum in Windeck und ist original nachgebaut worden.


Der Glockenturm dient als Anschauungsbeispiel, um die Technik des Beierns zu zeigen. Beim Beiern werden Glockentöne mit Hilfe eines Klöppels erzeugt, der mit der Hand oder von Seilen angeschlagen wird. Das Beiern ist im Rheinland seit dem 14. Jahrhundert belegt. Gebeiert wird zu hohen kirchlichen Feiertagen wie Ostern, Pfingsten, Christi Himmelfahrt oder Fronleichnam. Im Siegtal wird an einigen Orten noch heute am Weißen Sonntag, zu den Prozessionen an Christi Himmelfahrt und Fronleichnam sowie am Kirmes-Samstag gebeiert.

Donnerstag, 4. Oktober 2012

Alan Parsons Project - The Fall of the House of Usher


(Hochladen MP3 hat nicht funktioniert)


Der Rhythmus passt überhaupt nicht zur Erzählung. Motivartig baut sich die Melodie auf, sie variiert, verbindet sich wieder mit den Motiven, sie plätschert leise dahin. Cembalo und Gitarre erzeugen eine Klangwelt, die in die klassische Musik abdriftet. Ruhig, entspannt, zum Zurücklehnen gleitet Alan Parsons Projects „The Fall of the House of Usher“ dahin.

Dank EBay bin ich nun wieder stolzer Besitzer von Edgar Allan Poe’s Kurzgeschichten. Wie ich bereits in meinem Blog vom Blog vom 27. März geschrieben hatte, gehört Edgar Allan Poe zu meinen Lieblings-Autoren. Denn seine Kurzgeschichten waren das erste Buch gewesen, welches ich nach meiner Schulzeit aus eigenem Interesse gelesen habe. Den entscheidenden Anstoß hatte mir die LP „Tales of Mystery and Imagination“ von Alan Parsons Project gegeben. Es gibt Bücher, die lese ich alle paar Jahre neu. Edgar Allan Poe’s Kurzgeschichten habe ich nicht wieder gefunden. Sie verstauben irgendwo auf dem Dachboden meiner Eltern. In EBay habe ich nun dieses hübsche eingebundene Buch ersteigert.

Mit der Einleitung der Kurzgeschichte werde ich schnell von der düsteren Szenerie eingefangen:
„Ich war an einem düsteren, dunklen und ruhigen Herbsttag, an dem die Wolken tief herunterhingen, den ganzen Tag lang durch eine menschenleere, unfreundliche Landschaft geritten; als schließlich die Abendschatten herein sanken, fand ich mich in Sichtweite des Hauses Usher entfernt, welches auf mich einen melancholischen Eindruck ausübte. Ich weiß nicht, worauf es zurückzuführen ist – aber als ich den ersten Blick auf das Gebäude warf, wurde ich von unerträglichem Trübsinn erfasst.“

Solche düsteren Stimmungen finden sich auch seinen übrigen Kurzgeschichten wieder, aber nicht durchgängig. Reisen, Seefahrt, ferne Länder kommen häufig vor. Viele Geschichten zeigen ein mathematisch-naturwissenschaftliches Weltbild. Mit Edgar Allan Poe geht der Leser auf eine Entdeckungsreise und wird in die Aufbruchstimmung seiner Zeit (Anfang des 19. Jh.) hinein versetzt.

„Der Untergang des Hauses Usher“ könnte glatt eine Geschichte für einen Horror-Film abgeben. Das ist nichts gegen die Leichen in einem Tatort-Krimi oder gegen Action-Szenen, Verfolgungsjagden, Blut und Flammen in "Alarm für Cobra 11".

Der Erzähler besucht den Schlossherr des Hauses Usher und übernachtet dort für eine Zeit lang. In dem Gemäuer des Schlosses klafft ein Riss. Die im Schloss lebende Schwester des Schlossherrn stirbt in dieser Zeit und wird begraben. Eines Abends glaubt der Schlossherr Gespenster zu hören. Plötzlich steht seine Schwester blutüberströmt in der Türe. Sie war lebendig begraben worden, sie stürzt sich auf ihren Bruder und beide sterben in diesem Moment. Daraufhin flieht der Erzähler aus dem Schloss.

Den Untergang beschreibt Edgar Allan Poe wie folgt:
„Der Glanz kam vom blutroten Vollmond, der im Untergehen war und nun hell durch den früher kaum wahnehmbaren Spalt schimmerte, von dem ich schon früher gesagt habe, dass er sich zickzackförmig vom Dach des Hauses bis zur Erde erstreckte. Während ich gebannt darauf hinstarrte, erweiterte sich dieser Riss mit großer Schnelligkeit und ich sah auf einmal das volle Rund des Mondes – mein Verstand stand still, als ich die mächtigen Mauern auseinanderbersten sah -, dann hörte man ein langes, lautes Donnern, wie das Tosen von tausend Wasserfällen, und dann schloss sich der tiefe unheimliche Teich zu meinem Füßen über den Trümmern des Hauses Usher.“

Sicher, solche Kurzgeschichten von Edgar Allan Poe sind bestimmt nichts für Suizid-Gefährdete. Und ich finde, dass Geschichten auch eine positive Botschaft vermitteln sollten. Der Untergang des Hauses Usher fasziniert mich trotzdem, weil intensiv, breit und lang diese Stimmung mit Worten beschrieben wird. Und das gilt auch für die anderen Stimmungen in den anderen Kurzgeschichten. Erzählerisch ist das einfach brilliant.

In dieser Kurgeschichte findet sich einiges aus Edgar Allan Poes Leben wieder. Er war mit seiner Cousine verheiratet, die jung an Schwindsucht starb. Diesen Schicksalsschlag verkraftete Edgar Allan Poe nie. Er wurde zum Alkoholiker und verfiel mehr oder weniger dem Wahnsinn. Glasklarer Verstand, analytisches Denkvermögen, verrückte Charaktere, düstere Stimmungen – diese Grundelemente prägen mehrere seiner Kurzgeschichten. Edgar Allan Poe wurde nicht alt, nämlich gerade 40 Jahre (1809-1849). Kurz vor seinem Tod war er betrunken in der Gosse aufgefunden worden.