Samstag, 8. November 2014

Grundriss einer romanischen Kirche

Den Hinweisen eines Hobby-Historikers ist es zu verdanken, dass im Stadtteil Niederholtorf die Grundmauern einer romanischen Kirche aus dem 11. Jahrhundert frei gelegt wurden. Dieser Heimatforscher hatte am Rande des Siebengebirges ein sehr altes Gemäuer im Erdboden entdeckt, und er glaubte daran, dass der Bau des Gemäuers sehr viele Jahrhunderte zurück lag. Daraufhin informierte er das Rheinischen Amt für Denkmalpflege, die Ärchäologen gruben und sie wurden auch fündig. In ein Meter Tiefe gruben sie zwei Skelette aus. Daraufhin bestimmte die Universität Kiel mit Hilfe einer Radiokarbonuntersuchung das Alter der Skelette. Das Ergebnis war eine faustdicke Überraschung. Die Skelette, wovon eines einem vierjährigen Kind gehörte, datierten auf das Jahr 1024. Ebenso wurde die Gemäuer im Erdboden freigelegt; diese wurden auf das 11. Jahrhundert geschätzt. Der Grundriss der Mauern entsprach einer romanischen Kirche. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Mauern im 13. Jahrhundert abgerissen wurden, wobei die Steine für umliegende Höfe und Wohngebäude genutzt wurden. Vermutlich, weil die romanische Kirche nur dreihundert Jahre existiert hat, taucht diese in keinerlei Besitzverzeichnissen von Abteien, Höfen, Herzögen, Grafen oder Königen auf. Die Kirche hat aber nachweislich an dieser Stelle am Rande des Siebengebirges gestanden.


An dieser Stelle ist das Kindergrab mit einer Grabplatte markiert.




Der Grundriß der Kirche ist mit Steinplatten markiert.



Sonnendurchflutet, ist das Gesamtbild beeindruckend.

Montag, 3. November 2014

Kaya Yanar - Live im E-Werk Köln

Raum, Ort, Zeit mussten stimmen. Es machte die Schaffenskraft von Orten aus, wo er gut drauf war, wo der Funke zum Publikum übersprang, wo sich eine magische Verbindung aufbaute, wo sich die Momente seiner Komik entluden und beim Publikum ankamen. Halle, Lichteffekte, die Anordnung von Stuhl- und Platzreihen, der Klang seiner Stimme, verstärkt im Widerhall zwischen Wänden und Decken, nacktes Zielgelmauerwerk, unromantische Stahlträger, die die Decke stützen. Das E-Werk in Köln-Mülheim, bis Mitte der 1980er Jahre befand sich dort das Umspannwerk des Elektro-Konzerns Felten & Guillaume, danach wurde die Fabrikhalle zur Veranstaltungshalle umgebaut. Genau an diesem Ort, an dem einst geschuftet, geackert und gearbeitet wurde, kam Kaya Yanar auf Touren. Seine Pointen saßen, und das Lachen des Publikums hörte nicht auf.

Kaya around the World, das war die Show, die uns letzten Samstag erfreute. Irgendwie hatte es sich auch in diesem Herbst ergeben, dass sich die Termine für die Comedy-Shows knubbelten. Am 24. August war es Bernd Stelter, am 4. Oktober Mario Barth, schließlich am 25. Oktober Kaya Yanar.

Und Kaya schwärmte davon, wenn sich die Gelegenheit ergab, dass ihm sein Fernsehsender RTL den einen oder anderen Drehtermin rund um den Globus besorgte. In seiner Rolle, in fremde Herren Länder mit fremden Sprachen verfrachtet zu werden, fühlte er sich als Türke sichtlich wohl. Es geschah in New York, wo er ganz zufällig in der Vorweihnachtszeit gelandet war. US-Amerikaner müssen sich zu wahren Neurotikern entwickeln, wenn es um Weihnachtseinkäufe geht. In der Drehtüre eines Warenhauses geriet er aneinander, zu zweit stand er mit einem jungen Herren zusammen, der mit seinen Ellbogen herum fuchtelte, pausenlos auf seinem Smartphone herum plärrte und sich nicht darum scherte, wo seine Beine standen. „You fucking american guy“ entglitt es schließlich Kaya, als ihm das Zusammengequetsche zu brenzlig wurde. Danach bäumte sich sein Gegenüber auf, er ballte seine Fäuste zusammen, sein drohender Blick durchbohrte ihn. Daraufhin zuckte Kaya seinen Kugelschreiber aus der Hosentasche, zeigte ihm diesen und der Amerikaner rannte weg, so weit er konnte. Womöglich hatte er James-Bond-Filme gesehen, in denen kleinste Technik in Kugelschreibern gewaltige Explosionen verursachen konnte.

Diese Leichtigkeit und Unbeteiligtheit, diese Neugierde in seinen Fernsehauftritten in „Was guckst Du“, das wirkte locker, leicht und gekonnt in all seinen sprachlichen Verwandlungen. Reiseangebote „All Inclusive“ in Anthalya an der türkischen Riviera. Russen waren ihm aufgefallen, wie sie, angeregt durch das ganztägige Speiseangebot, sich der Völlerei hingaben. Das inspirierte ihn, erst einmal mehrere Minuten pausenlos nur noch Russisch zu reden, mit solchen Wortschwallen, dass das Publikum sprachlos war. Und er brachte China unter in seiner Komik. Mit RTL hatte er einen Drehtermin, um mit Koala-Bären gefilmt zu werden. Abends im Hotel an der Bar sprach der Barkeeper ein paar Wortfetzen Deutsch, aber mit einem „L“ anstelle „R“, wie man es gemeinhin von Chinesen kennt. Dabei musste sich sein Verstand verbiegen, wenn er kein „Türke“, sondern ein „Tülke“ war. Zu seinem eigenen Erstaunen lernte schließlich der chinesische Barkeeper nach mehreren Tagen die korrekte Aussprache von „Türke“.

Sein Auftritt war wie eine Metamorphose, in der er sich dauernd selbst verwandelte. Er bedauerte, dass Französisch eine derjenigen Sprachen sei, die er nicht sprechen könne. Dabei überzeugte seine Selbstverwandlung. „Mon dieu“ oder „au revoir“, französischen Wortpassagen kamen kaum vor. Anstatt dessen schweifte er aus in dem französischen Akzent, er ahmte die Wortmelodie nach und vergaß beharrlich beim Buchstaben „H“ die Aussprache. Wenn er ins Schweizerdeutsch wechselte, konnte er von seiner Schweizer Freundin lernen. Mit der Türkei verband er sommerliche Temperaturen, er suchte die Wärme und mied die Kälte, so dass er mit Skifahren ganz und gar nichts anfangen konnte. Dennoch krempelte seine Freundin ihn um und brachte ihn auf die Ski-Piste. Er hakte sich daran fest, wieso er eine Skibrille für 150 Schweizer Franken kaufen müsse, während er die restliche Ausrüstung leihen konnte. Wozu eine Skibrille, wenn er ohnehin mit dem Skifahren nichts anfangen konnte ? Den Disput mit dem Verleiher erzählte er in Schweizerdeutsch – das war so viel Komik in Situation und Sprache, die man Live erlebt haben muss.

Kaya Yanar ließ nicht aus, die Verbindung zu seinen Wurzeln zu schlagen. Er sprach mir aus meinem eigenen Herzen, dass man mit Lateinisch nicht allzu viel anfangen könne im Leben – mit wenigen Ausnahmen von Medizinern oder Botanikern, denen die lateinischen Pflanzenbezeichnungen auf der Zunge zergingen. Er orientiere sich lieber daran, was man machen könne und bewegen könne. Er sei mehrfach verortet, in Deutschland und der Türkei. Er fühle sich sogar als Weltbürger – ein wenig im Sinne von Goethe – wobei seine Standbeine in Deutschland Frankfurt und Köln waren. In Frankfurt war er aufgewachsen und hatte Abitur gemacht – und an seinem Gymnasium hasste er Lateinisch wie die Pest. 1999 war er in Köln im Küppers-Biergarten entdeckt worden, der heute nicht mehr existiert. Seitdem führte ihn RTL regelmäßig nach Köln.

Als die Show vorbei war, gingen an diesem 25. Oktober die Lichter im Kölner E-Werk aus und dann, hell durchflutet, wieder an. Es war Tradition, dass ihn die letzten Live-Auftritte im Jahr nach Köln führten. Arbeiter und Fabriken gehörten für ihn zur Bodenständigkeit. Das durchdrang auch seine Komik, die nichts kompliziertes war. Und der sich jeder, ganz einfach und leicht, nähern konnte. Auf der ganzen Welt.