Burkan Ilhan wurde zum Helden. Köln-Bocklemünd vor
einer Woche. In einem Stadtbezirk voller Häuserblocks aus Mietwohnungen half Burkan Ilhan (22) gerade seinem Vater beim Renovieren, als er Hilferufe auf der
Straße hörte. Ein Pulk von Schlägertypen wollte über einen Familienvater mit
seinem Sohn herfallen, doch dies verhinderte Burkan, indem er diese gemeinsam
mit Vater und Bruder vertrieb. Das Angebot
einer Nachbarin, die Polizei zu rufen, winkte er ab. Das war ein folgenschwerer
Fehler, denn die zehn bis fünfzehn Schläger kamen zurück und bestraften den jungen
Mann für seine Zivilcourage. Mit Messern und Böllern bis an die Zähne
bewaffnet, schlugen sie mit einem Metallpfosten auf ihn ein. Schwer verletzt überlebte
Burkan, nachdem die Ärzte den zertrümmerten Schädel mit einer Stahlpatte zurecht
flicken konnten.
Als sein Gesundheitszustand
nach einer Woche stabil war, trat er als Held vor die Kamera. Sein Verhalten
habe Sinn gemacht, weil es einem guten Zweck gedient habe. Er würde immer
wieder so handeln. Sein Handeln sei richtig ein kleiner Schritt für die Menschheit. Und er
hätte auch keine Angst gehabt.
Solche Situationen sind mir
erspart geblieben, glücklicherweise, dass ich entscheiden musste zwischen Zivilcourage
und Wegschauen. Ich muss zugeben, wahrscheinlich hätte ich weggeschaut oder mir
auf einer logischen Ebene zurecht konstruiert, dass alles gut wird, dass
keinerlei Gefahr besteht oder dass andere höhere Zufälle alles richten werden.
Und damit hätte ich auch nicht alleine gestanden, denn mit der Anonymität
unserer Gesellschaft schwindet auch die Verantwortung oder die Fähigkeit zu
Empathie, dem Einfühlungsvermögen, sich in einen anderen Menschen hinein
versetzen können. Ebenso wurde in Experimenten mehrfach beweisen, dass bei
Belästigungen und Übergriffen in Fußgängerzonen alle vorbei spazieren und niemand
eingreift. Die Zivilcourage des Burkan Ilhan kann nicht hoch genug bewertet
werden.
Mich erschreckt die
Umkehrung des Heldentums. Häuserblocks wie diejenigen in Bocklemünd-Mengenich
sind Normalität, sie gelten nicht als soziale Brennpunkte, die durch Hartz IV
oder spezifische Armutsstrukturen geprägt sind. Ein hoher Ausländeranteil ist
genauso normal vielen Stadtteilen Kölns. Kann man sich noch ruhigen Gewissens
auf die Straße begeben ? Überall in Köln habe ich mich sicher gefühlt, selbst
im Problemviertel Chorweiler. Diese Zeiten scheinen nun vorbei zu sein. Heldentum
scheint sich auch über Gewalt zu definieren. Je wehrloser die Opfer und je
unmotivierter die Tat, diese Täter kann sich genauso mit dem Titel eines Helden
brüsten. Wir brauchen mehr Helden vom Schlag eines Burkan Ilhan. Sonst droht,
dass der Mob sich auf der Straße wie Ungeziefer ausbreitet.
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