Ich summte „Earth Hymn“, ein Lobgesang auf die Erde, von „Manfred Mann’s Earth Band“ vor mich hin. Ich assoziierte sofort: „Manfred Mann’s Earth Band“ und „Erde“ und „Earth Day“ gehören zusammen wie Pech und Schwefel oder Bayern München und die Deutsche Fußball-Meisterschaft. Denn das Entstehungsgeschichte begann gleichzeitg im Jahr 1971. Ich irrte, denn Michael Jackson ertönte alljährlich zum „Earth Day“ mit seinem Stück „Earth Song“.
Dennoch: „Manfred Mann’s Earth Band“ und der „Earth Day“ gehören irgendwie zusammen, weil beide die Erde in den Mittelpunkt unserer Wahrnehmung rücken. „Manfred Mann’s Earth Band“ geht dabei noch einen Schritt weiter: auf dem Album „Solar Fire“, welches 1973 erschien, geht Manfred Mann den letzten Dingen auf den Grund. Dabei reist der Zuhörer mit Manfred Mann und all seinen Improvisationen auf dem Synthesizer quer durchs Weltall. Den Planeten Pluto untermalt er mit Hundegebell, um die Gestalt von Saturn und Erde legt er einen sinnstiftenden Kreis („Saturn – Lord of the Ring“ und „Earth the Circle“).
Die letzten Dinge entdeckt Manfred Mann in der Sonne („Solar Fire“) und in der Dunkelheit („Darkness in the Beginning“). Und dann ist da noch dieses geniale Stück, das das Album eröffnet: „Father of Day, Father of Night“.
Ursprünglich von Bob Dylan gesungen, ist das Stück nicht mehr wieder zu erkennen. Die Erde kommt im Songtext explizit nicht vor. Aber „birds“, „trees“, „grain“ oder „wheat“ gibt es nur auf der Erde. Darüber hinaus kennen wir noch kein Leben auf anderen Planeten.
Wie ein Leitmotiv beginnen die Zeilen mit „Father“: „Father of Day“, „Father of Night“ … „Father who builts the Mountains so High“ … „Father of Loneliness and Pain“ … Mit dem Wort “Father” erhält die Musik eine metaphysische Dimension, wobei „Father“ Ursprung, Schöpfer oder Gott bedeuten kann.
Manfred Mann hat bei der Komposition sicherlich nicht an Metaphysik gedacht, aber „Father of Day, Father of Night“ hat eindeutig metaphysische Wesenszüge. Die Denkweise der Metaphysik hatte sich in der Antike herausgebildet. Es war Aristoteles, der hinter der sichtbaren Gestalt der Dinge in immer tiefere Ebenen der Dinge hinein schaute. Es bildete sich ein Kern, ein gemeinsamer Ursprung aller Dinge heraus. Wegen des gemeinsamen Ursprungs verkörperten alle Dinge auf der Welt eine Einheit. Die letzten Dinge waren nicht zwingend bei Gott zu suchen: es konnten auch Mythen, Urbilder oder das Denken des Menschen sein, wobei die Mythen auch von Göttern geprägt waren.
Im Mittelalter hatte Thomas von Aquin das christliche Weltbild in die Lehre von den letzten Dingen aufgenommen. Gott wurde zum Ursprung aller Dinge. Der menschliche Verstand wurde zum Instrument, Gott in all den Dingen, die wir sehen, zu erkennen.
Mit Descartes wurde zu Beginn der Neuzeit der menschliche Verstand eigenständig („cogito ergo sum“). Der Mensch reflektierte das naturwissenschaftliche Weltbild, wodurch die letzten Dinge in mathematisch-naturwissenschaftliche Zusammenhänge verlagert wurden. Die letzten Dinge kamen nicht abhanden. So suchte beispielsweise Sartre über neue Stufen des Bewusstseins, den Dingen wieder einen inneren Sinngehalt zu verleihen.
„Father of Day, Father of Night“ schwenkt nach Thomas von Aquin und nach Aristoteles zurück. „Father“ steht am Anfang einer jeden Song-Zeile. „Father“ ist somit der Ursprung aller Dinge: Tag, Nacht, Kälte, Hitze, Luft, Bäume, Minuten, Tage und so weiter. Überall hat der „Father“ seine Hände im Spiel.
Manfred Mann überbringt eine wunderschöne Botschaft, da er „Father“ an den Anfang stellt: unsere Erde ist eine Einheit. Es gibt diese letzten Dinge, die Menschheit lebt gemeinsam auf dieser einen Welt, wir müssen alles Menschen-mögliche tun, um die Schönheit unseres Planeten zu bewahren.
Ehrlich gesagt, habe ich dieses ekstatische Gehabe und Herum-Gehopse von Michael Jackson nie ausstehen können (bitte um Verzeihung, wenn ich über einen Toten so schreibe). Anstatt dessen hätte es „Father of Day, Father of Night“ verdient gehabt, jedes Jahr zum „Earth Day“ gespielt zu werden.
ich finde es immer interessant die Musik zu hören und gleichzeitig deinen Text zu lesen.
AntwortenLöschenBeides passt wunderbar zusammen - und da höre ich den Song auch intensiver als sonst.
Ich wünsche dir einen schönen Donnerstag.
Lieber Gruß von Heidi-Trollspecht
Schön, dass ich dich heute auch musikalisch anregen konnte!
AntwortenLöschenDa ich ja vor allem Jazz - Fan bin, war diese Gruppe als Erfinderin des Jazz - Rock für mich wichtig.
Allerdings war sie wirklich nur ein paar Langspielplatten lang richtig gut. Den Sänger fand ich total klasse.
Und ein Witz: Durch BST bin ich erst auf den Jahrhundertwendekomponisten Eric Satie aus Paris gestoßen, dessen minimalistische Musik auch meins ist…
Liebe Grüße
Astrid
Hallo Dieter,
AntwortenLöschenmir geht es genauso wie Heidi. Gut gemacht!
Danke für deinen cmt.: Interessant, wie unterschiedlich die Empfindungen, Assoziationen und Meinungen sein können. Kunst, Medizinischer Schutzanzug, Baustellenschutz(anzug), Vermummung oder surreal, wie du findest.
Gruss, Wieczora (◔‿◔) | Mein Fotoblog
Dear Dieter, Merry Christmas to you
AntwortenLöschenMerry Christmas to you and yours and may it be as bright and magical
as the light you share with us all here.
Peace and Joy to you my friend .
Happy Holidays, I apologize for my absence and leave a huge, flowery hug for you and your family!
A 2014 full of good achievements! :)
Manfred Mann’s Earth Band - heute noch einer meiner Lieblingsbands... wie schön, dass du dich so intensiv mit den Texten auseinandersetzt und uns daran teilhaben lässt.
AntwortenLöschenGruß vonner Grete