Die Normalität ist blass und grau. Zweimal täglich unterquere ich die Normalität, die sich unter die Autobahnbrücke zwängt. Die Normalität hängt im Klammergriff von roten Ampeln, Hektik, Lärm und Verkehrsstau, der sich vor der Autobahnauffahrt quält. Das ist kein Ort, an dem romantische Gefühle aufkommen, wenn mein Fahrrad unter die graue Wirklichkeit der Autobahnbrücke rollt.
Die verwaschenen Grautöne der Betonwand, die einen trüben Novembertag prägen könnten, werden zum Stil und zum Hintergrund für Plakate. Das hat seine Ordnung. Werbeflächen können über eine Hotline angemietet werden. Ich passiere einen Spiegel des Musikgeschehens, der sich in der Ahnungslosigkeit der Unterführung verliert. Ich muss hinsehen. Die Plakate trotzen Graffitis, ihre poppigen Farben grenzen sich klar gegen zerfallende Stimmung des Betons ab.
Großbuchstaben kündigen große und kleine Namen an. Deep Purple und Santana: das sind Musiklegenden, die kaum zu toppen sind. Gruppen wie Santiano oder Calexico kenne ich nicht – dennoch können unbekannte Gruppen hörenswert sein.
Die Plakate durchmischen meine Phantasie mit der Musik, sie wecken Erinnerungen wach. Neue Ideen entstehen, mit den Klangeindrücken der Musik, die ich mir vorstelle, wechselt die Perspektive. Die Musikkonzerte zu besuchen, dazu fehlt mir der Antrieb – trotz großer Namen wie Deep Purple oder Santana. Jedenfalls ziehe ich meinen Hut vor solchen Rockgrößen wie Ian Gillan oder Carlos Santana, die mit Mitte 60 noch die Massen begeistern. Ihre exzellente Musik ist nachdrücklich in meinem Gedächtnis haften geblieben.
„Smoke on the Water“ oder „Oye como va“ – solche Hymnen werden mich ein Leben lang begleiten. Dennoch habe ich seit ca. einem Jahr die Musik anders in meinem Blog positioniert. Seitdem nehme ich Musik mehr als positive und inspirierende Nebengeräusche wahr und weniger als eigentliches Blogthema. Mit „Hurricane“ oder „Tales of Mystery and Imagnation“ hatte ich eigene Musik-Posts geschrieben. Mit meiner neuen Blog-Identität „rheinland-blogger“ war mir die Entfernung zur Musik zu groß geworden, es sei denn, ich hätte diverse Posts über BAP, die Bläck Fööss oder die Höhner geschrieben.
Gerne lasse ich mich von der Musik berieseln. Heute Abend im Autoradio auf der A555 zwischen Wesseling und Bornheim. Die Sonne war untergegangen. Die letzten Reste des Tageslichts strichen gegen die Hänge des Vorgebirges. Reihen von Hochspannungsmasten marschierten auf den blassen und eingedunkelten Feldern und schoben sich über das lange Band der Autobahn. Das Zupfen an der Gitarre elektrisierte mich, dann Schweigen und Stille, bis sich das Zupfen intensivierte, der Bass setzte ein, kurz darauf Don Henleys Stimme. „One of these Nights“ von den Eagles untermalte die prächtige Stimmung des schwindenden Abends.
Ich muss meine Posts straffen, und dabei sind die Musik-Blogs auf der Strecke geblieben. Die Plakate unter der Autobahnbrücke sind Indikation, was ist und was sein könnte. Ihre Komposition ist interessant wie eine Tageszeitung, da sie mit einem Schlag Einblick in das Kulturgeschehen bietet. Eigene Musik-Blogs, dazu müsste ich auch recherchieren, Geschichten rund um die Musik basteln, die Texte nach Werthaltigkeit sortieren (die bei Deep Purple oder Santana oberflächlich und nichtssagend sein können). Viele Texte widersprechen ohnehin meinem eigenen Anspruch, dass ich Anstöße zum Nachdenken liefern will.
Täglich passiere ich diese Plakate als Blickfang des Alltags. Wie die Musik, die dahintersteckt, inspirieren sie mich. Als Spiegel des Kulturgeschehens hätten sie einen passenderen Ort verdient. Heraus aus diesem tristen Grau, in das sich das Licht kaum hinein traut. Hinein, dass die Besucher angezogen werden und die Konzerte der großen und kleinen Namen besuchen.
So geordnet würden sie mir auffallen und ich auch einen Blick darauf werfen. Kann mich noch gut an andere Plätze erinnern, die waren so vollgeknallt dass man die Lust verloren hat überhaupt zu gucken.
AntwortenLöschenJedenfalls muntern sie das Grau auf^^
Tollen Wochenstart und liebe Grüsse
Nova
wieder richtig toll geschrieben - und die Fotos das gefallen mir auch sehr gut. Sogar das Fahrrad ist zu seshen :-) Da bin ich dann in Gedanken richtig mit dabei.
AntwortenLöschenlieber Gruß von Heidi-Trollspecht
entschuldigung - ich habe zu schnell getippt ;-)
AntwortenLöschenDu solltest dir einfach mal wieder Zeit für ein Konzert nehmen ... es ist immer wieder ein Erlebnis :-) Wir gehen ja auch nicht soooo oft in ein Konzert. So im Schnitt alle 2 Jahre irgendwie. Aber wenn, dann ist es immer wieder ein Erlebnis :-)
AntwortenLöschenIch kenne Santiano übrigens. Auch wenn ich ja eigentlich mehr der Metal-Typ bin, mag ich sie. Alte Piraten-/Seemannslieder etwas neuer verfasst. Wir werden sie im September auf dem Kunstrasen genießen ... da freue ich mich schon drauf :-)
LG Frauke
Mir gefallen deine Zeilen, deine Gedanken zu diesen Plakaten sehr gut, die das Grau des Betons ein wenig mit Farbe aufmöbeln.
AntwortenLöschenAuf jeden Fall wirken sie gepflegt und ordentlich und ich denke, darum kümmert sich auch jemand und sie gammeln nicht vor sich hin. Mit Sicherheit bekommt der eine oder andere einen Anreiz, vielleicht das eine oder andere Konzert mal zu besuchen, wer weiß.
Auf jeden Fall gefällt mir das besser, als wenn die Wände total verschmiert werden würden.
Liebe Grüße und gute Nacht
Christa